An diesem Tag hatte ich etwas vergessen. Die vom Wind verwehten Blätter wirbelten um meine Haare herum und lenkten mich davon ab, mich zu erinnern, was genau. Ich betrat das Gebäude mit vielen Fenstern. Ich habe Klaustrophobie, und immer, wenn ich ein Gebäude betrete, bekomme ich Gänsehaut. Aber hier war es so geräumig und gemütlich. Bevor ich mich irgendwo in den Etagen verirrte, fand mich Andre - ich war mit ihm und seinen Kolleg:innen Amalia und Peer von der GAG Immobilien AG für unser Interview verabredet.
Anna: Menschen in Köln ein sicheres Dach über dem Kopf zu bieten, Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen, einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen zu schaffen und respektvolles Handeln zu fördern – das wissen die meisten Leute über die GAG, das bekannteste und größte Wohnungsunternehmen hier in Köln. Aber was wissen sie nicht bzw. was wollt ihr, dass die Bürger:innen noch über die GAG wissen?
Peer: Wir haben eine soziale Ausrichtung – wir setzen uns dafür ein, bezahlbaren Wohnraum für möglichst viele unterschiedliche Menschen zu schaffen. Wir versuchen damit, unseren Beitrag zum nachhaltig guten Leben in Köln zuleisten und identifizieren uns damit. Natürlich können wir nicht das globale Klima retten, aber wir richten unseren Blick ständig auf unseren Wirkungsbereich, quasi vor unsere Haustür, und konzentrieren uns darauf.
Amalia: Langfristig zufriedene Mieter:innen, nicht nur Profit, das ist das Ziel. Natürlich muss auch unser Unternehmen wirtschaftlich handeln, aber nicht auf Kosten der Menschen.
Anna: Was denkt ihr denn, welche Rolle spielt ein Innovator? Wie realisiert oder verbessert ein Innovator Ideen?
Andre: Sehr grob gesagt, Innovatoren für mich sind Leute, die bereit sind, über den Tellerrand zu schauen und nicht nur in festgefahrenen Mustern denken. Das finde ich auch super spannend an der Project Cologne Challenge, dass Menschen Lust darauf haben, Dinge zu verändern. Ich gehe mit einer gewissen Offenheit an diese Veränderungen heran und finde es wirklich schön, dass so viele Studierende genau diesen Weg einschlagen wollen.
Amalia: Ich finde den Punkt mit der Offenheit auch sehr wichtig. Denn einer spricht die Idee aus, aber die anderen müssen auch offen sein, zuzuhören und sie aufzunehmen.
Anna: Welche Fähigkeiten muss denn jemand haben, eurer Meinung nach, damit seine oder ihre Ideen von anderen aufgenommen werden?
Peer: Man muss Konventionen durchbrechen können. Das ist immer inspirierend, weil es viele Dinge gibt, die man selbst aus seiner eigenen Bubble heraus nicht bemerkt. Aber plötzlich kommt jemand, der einem zeigt, wie´s geht.
Andre: Das erfordert ein gewisses Maß an Mut und Neugierde.
Amalia: Es ist überraschend zu erkennen, wie einfach es am Ende wirkt, die passende Lösung zu finden, aber es steckt häufig mehr dahinter als offensichtlich wird. Menschen, die unbefangen an ein Thema herangehen und sich nicht durch Hürden verunsichern lassen, denen fällt es wesentlich leichter, neue Ansätze zu finden.
Die Worte von Peer erinnerten mich an die zahlreichen Innovatoren, Künstler und Wissenschaftler mit genialen Ideen -- vielleicht zu genial für die Gesellschaft zu der Zeit - und dann von ihr kleingemacht wurden. Ich habe Amalia, Peer und Andre kurz die Geschichte der Entstehung eines der größten Bücher des 20. Jahrhunderts erzählt: "Der Meister und Margarita". Sein Autor Bulgakov, der in der Zeit Stalins bis zum Ende seiner Tage in Sowjetrussland isoliert war, schrieb den Roman immer wieder um, versuchte sogar, ihn zu verbrennen, weil seine innovative Schreibweise den Behörden nicht gefiel. Das Werk war aber der Sinn seines Lebens, auch wenn er wusste, dass es erst in ferner Zukunft das Licht der Welt erblicken würde und nur im kleinen Kreis treuer Freunde. Durch einen erstaunlichen Zufall kommt eines Tages ein Journalist in das Haus seiner Frauund sie gibt ihm das Manuskript. So wurde der Roman erstmals 26 Jahre nach dem Tod des Schriftstellers veröffentlicht und wurde zu einem epochalen Ereignis in der Literaturgeschichte. Ein Beweis dafür, dass Ideen, die kühnen und einzigartigen Ideen, nicht ausgelöscht werden und eines Tages tatsächlich die Welt verändern können.
Und jetzt etwas mehr down to earth, habе ich gesagt.
Anna: An welchen Projekten arbeitet ihr derzeit bei der GAG?
Andre: Die GAG hatein Tochterunternehmen, die GAG Servicegesellschaft,, das sich vor allem mit energietechnischen Fragen beschäftigt. Wir sind zum Beispiel sehr stark im Bereich Mieterstrom unterwegs, wo der auf dem eigenen Dach erzeugte Photovoltaikstrom unseren Mieter:innen angeboten wird. Wir sind also auch Energieversorger für unsere Mieterschaft und wollen dieses Angebot weiter ausbauen. Außerdem beschäftigen sich die Kolleginnen und Kollegen mit Elektromobilität. Und über das Thema Smart Building könnte man auch viel erzählen. Wir arbeiten an Konzepten, durch intelligente Gebäudekomponenten den Energieverbrauch zu reduzieren.
Peer: Wärme- und Stromversorgung im Kontext von Modernisierung und Neubaumaßnahmen sind der Schlüssel zur Klimaneutralität. Für Wohnungsunternehmen bedeutet das, dass man einen Sanierungsfahrplan auf die Beine gestellt – und auch finanziert – bekommt, der 1,5°-konform ist.. Das ist sicherlich etwas, dem man sich nicht zeitverzögert nähern möchte. Grob gerechnet wohnt jeder zehnte Mensch in Köln bei uns. Das bedeutet, dass unser Handeln viele Menschen in Köln direktbetrifft. Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie nachhaltig ihre Wohnungen ausgestattet sind. Ich würde auch gerne in einer klimaneutralen Wohnung leben, aber ich habe leider eine Gastherme in der Wohnung und das finde ich jedes Jahr blöder.
Amalia: Irgendwann ziehst du aus. (Wir lachen.)
Anna: Es kann sein, dass es zu mainstream ist, aber welche sind die größten Probleme der Energiewende?
Amalia: Vor allem die Herausforderung, die Wärmewende zu bewältigen.
Andre: Es muss bezahlbar sein.
Peer: Das Streben nach der perfekten Lösung - Wir stehen als Gesamtgesellschaft unter großem Zeitdruck. Deshalb muss es nicht super, overengineered oder perfekt sein, sondern das, was aus heutiger Sicht sinnvoll und machbar ist.
Anna: Und zum Schluss: Wie geht es euch?
Amalia: Gut, heute ist mein erster Arbeitstag nach der Elternzeit. Mit Studierenden zusammenzuarbeiten, finde ich super spannend, und ich freue mich auf ihre Ideen.
Andre: Ich freue mich auf die Challenge; das ist wie frische Luft im Arbeitsalltag.
Peer: Mir geht es auch gut. Das Thema der aktuellen Challenge ist eine große Herausforderung. Aber ich bin wirklich optimistisch, weil auf dem Kick-Off-Event Leute standen, die mit großartigen Fragen, viel Optimismus und inspirierender Macherenergie auftreten. Es ist erstaunlich, wie viele alleine gekommen sind und nach Arbeitsgruppen mit Menschen gesucht haben, die sie nicht kennen, nach drei Jahren Corona!